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Ursachen von Krankheiten

Nach der Vorstellung des griechischen Philosophen und Arztes Empedokles (um 495 v. Chr.) war Krankheit in erster Linie eine Störung des Gleichgewichts der vier Elemente (Feuer, Wasser, Erde und Luft). Für viele Mediziner war jedoch die Grundlage der Physiologie die Lehre von den vier Körpersäften – eine Vorstellung, die sich aus der Theorie des Empedokles von den vier Elementen ableitete. Schmerzen und Krankheiten führte man auf ein Ungleichgewicht dieser Säfte zurück. Hippokrates (460 v. Chr.), Begründer der wissenschaftlich orientierten Medizin, betrachtete die erwähnte Lehre von den vier Säften als allgemein anerkannte medizinische Konzeption zur Erklärung der Körpervorgänge (Humoralpathologie).





Die Verknüpfung der Viersäftelehre mit der Lehre von den 4 Temperamenten erfolgte von dem griechischen Arzt und Anatom Galenos von Pergamon (*um 129 n. Chr.), der den 4 Säften (humores) des Körpers je ein Temperament zuordnete:

Choleriker (gr. cholos = Galle): aufbrausend, wütend

Phlegmatiker (gr. phlegma = Schleim): zäh, ausdauernd, emotionsstabil, träge

Sanguiniker (röm. sanguis = Blut): lebenslustig, froh

Melancholiker (gr. melan cholos = schwarze Galle): traurig, depressiv


Ein Wissen, das auch in den Werken von Hildegard von Bingen einen fundamentalen Stellenwert hat. In ihrem medizinischem Lehrbuch, Causae et Curae, Ursachen und Behandlung von Krankheiten, schreibt Hildegard von den vier Säften (humores). Die beiden wichtigsten von ihnen werden Phlegma genannt, die beiden anderen heißen Schleim (Livores). Hildegard ist überzeugt, dass diese vier Säfte durch die kosmischen Elemente beeinflusst werden (Feuer, Wasser, Luft und Erde). Diese Säfte stehen miteinander in Verbindung und regeln sich gegenseitig, wobei beim gesunden Menschen das Phlegma den Schleim beherrscht. Gerät dieser kontrollierte Fluss durcheinander, wird der Mensch krank; wobei Hildegard auch dem Mond durchaus einen Einfluss auf den Säftefluss zuschreibt. Diese Zusammenhänge würde man heute als die „Eiweißlage" des Körpers bezeichnen. V. a. falsche Ernährungsgewohnheiten bewirken, dass der geordnete Säftefluss durcheinandergerät und zu den sog. Fehlsäften führt. Gemeint ist damit das fehlerhafte Strömen gesundmachender und krankmachender natürlicher Stoffe durch den menschlichen Körper. Diese Stoffwechselstörungen werden heute Dyskrasie genannt. Hier bildet sich laut dem belgischen Arzt Dr. Louis van Hecken ein Phlegma wie ein zäher Schleim, den Hildegard Schwarzgalle nennt und dieser Schleim mit dem Status der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) übereinstimmt und diese Schwarzgalle ein Abfallprodukt der Leukozyten sei. Diese Abbaustadien konnte van Hecken durch mikroskopische Untersuchungen im Blut entsprechend Kranker nachweisen. Im hildegardischen Aderlass werden Stoffwechselprodukte entfernt. Bei bestimmten Patienten zeigte sich hier ein schwarzer Blutkuchen, der durchaus als Schwarzgalle interpretiert werden kann. Die entstandenen entzündlichen Prozesse können folgende Erkrankungen verursachen:

Migräne, Autoagressionskrankheiten, Apoplex, Myokardinfarkt, Neoplasien, Rheuma, Diabetes, Depressionen, neurologische Krankheiten wie z.B. MS oder Parkinson.



In der Heilkunde der Hildegard v. Bingen sind u.a. folgende Gewürze und Mischpulver gegen Fehlsäfte erwähnt:


Bertram – Anacyclus pyrethrum

Hildegard empfiehlt „einem Gesunden Bertram zu essen weil er schlechte Säfte in ihm vermindert und das gute Blut vermehrt und im Menschen den Intellekt reinigt. Einen Kranken, der körperlich fast ganz heruntergekommen ist, bringt er wieder zu Kräften. Er lässt im Menschen nichts unverdaut, sondern bereitet gute Verdauung, wenn man ihn fleißig isst. Er mindert die Verschleimung im Kopf, und führt zur Säfte-Reinigung und klärt die Augen. Ob man ihn trocken isst, oder in Speisen, ist Bertram nützlich und gut einem kranken und einem gesunden Menschen. Er scheucht das Kranksein von ihm und hindert das Krankwerden. Er lockt im Mund Feuchtigkeit und Speichel an, weil er schlechte Säfte ausleitet und Gesundheit zurückgibt."

Anwendung: Bei Verdauungsstörungen, Dyspepsien, als Resorptionsmittel, bei perniziöser Anämie, Fehlernährung, Diabetes, Verschleimung, generell entzündungshemmend.

Bertrampulver ist auch in Tablettenform erhältlich unter https://shop.hildegard.de/Bertramtabletten-Jura.


Bärwurzgewürzmischung

Die Bärwurzgewürzmischung wirkt entgiftend sowie wohltuend bei Migräne u. wird als universelles Reinigungsmittel, sowie bei Übersäuerung eingesetzt. Latwerge, die wertvoller als Gold ist, weil sie die Migräne vertreibt und die Dämpfigkeit mindert und alle Fehlsäfte im Menschen vertilgt und den Menschen so reinigt, wie wenn man einen Topf vom Schimmel reinigt."


Galgant – Alpinia officinarum

Hildegard von Bingen hat geschrieben:„Wer im Rücken oder in der Seite von Fehlsäften Schmerzen leidet, der lasse Galgantwurzel in Wein sieden und trinke das oft, und der Schmerz wird vergehen."(Dr. Hertzka/Dr. Strehlow: Große Hildegard-Apotheke, Bauer Verlag 1989, S. 408) 

Anwendung: Harnsäuregicht, Ischialgien, Lumbago

weitere Anwendung: bei Magen-Darmkrämpfen, Herzschmerz, Herzschwäche, Angina-pctoris Anfälle, zur Nachbehandlung und Verhütung von Infarkt, Menstruationsbeschwerden, Kopfschmerzen, Schwächezuständen.

erhältlich u.a. als Pulver, Latwerge oder Fenchel-Galganttabletten unter https://shop.hildegard.de


Zimt – Cinnamomum ceylanicum

Zimt ist eines der ältesten Gewürze überhaupt. Es wird aus der Rinde des Zimtbaumes gewonnen. Hildegard von Bingen beschrieb die Wirkung der Zimtrinde mit den Worten:

„Zimt oft gegessen, mindert die Fehlsäfte und führt gute Säfte herbei."

Anwendung: Gegen „Fehlsäfte", bei hormoneller Fehlsteuerung, Stoffwechselstörungen (Harnsäuregicht), Diabetes, entzündungshemmend.

erhältlich als Pulver oder geschnitten unter https://shop.hildegard.de/Kraeuter-Gewuerze-Tees

Dr. v. Hecken empfiehlt außerdem zur Beseitigung der Schwarzgalle folgende Maßnahmen der Hildegard-Heilkunde:

Ernährung mit Dinkel, Obst und gedünstetem Gemüse, besonders Fenchel. Würzen mit Pfefferkraut (Bohnenkraut), Kubebenpfeffer, Bertram „macht gutes Blut . . ." schreibt Hildegard, Gewürzplätzchen, Wermutkur, Flohsamen, Bärwurzbirnhonig bei Migräne. Ein weiterer wichtiger Regulator des Säftehaushaltes ist nach Dr. Strehlow (Die Ernährungstherapie der Hildegard von Bingen) der Salbei. Er beseitigt die krankmachenden Säfte.

Als hildegardische Salbeizubereitung gibt es z.B. den Muskatellersalbeitrank, erhältlich unter https://shop.hildegard.de/Muskatellersalbei-Trank.  Auch die moderne Naturmedizin empfiehlt Salbei bei Verschleimung.


 

Alle Mittel sind bei Hildegard kurativ und nicht nur palliativ, wie es in der Fachsprache heißt: Sie gehen an die Wurzeln und Ursachen der Krankheiten heran, mehr als wir sie heute kennen und ahnen. Denn die göttliche Weisheit als Urheberin der Hildegardbücher wusste, „was im Menschen drin ist"…

(G. Hertzka, die kleine Hildegard-Apotheke, Christiana, 2010. S.20)


 

HP Andrea Gollwitzer

M. med.TCM

 

Literatur

Hecken L.v. Die Schwarzgalle als Ursache für die Unheilbarkeit, St. Hildegardbrief 86, 2014, Herausgeber Hildegardzentrum Allensbach

Hertzka G. Das Wunder der Hildegardmedizin, Christiana Verlag, Stein a.R. 1981

Hildegard von Bingen, Causae et Curae, Ursachen u. Behandlung von Krankheiten, Haug Verl. Heidelberg, 1992

Strehlow W. Die Heilkunde der Hildegard v. Bingen, Lüchow Verlag 2005

Strehlow W. Die Ernährungstherapie der Hildegard von Bingen, Knaur 2009

Strehlow W. Hildegard Heilkunde von A-Z, MensSana, 2000. S. 183, S.185/186, S.194

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