Die Fastentherapie gibt es schon seit Jahrtausenden und gehört zu den bewährten Ausleitungsmethoden zur effektiven Gesundheitsförderung und Reinigung des gesamten Organismus sowohl auf physischer als auch psychischer Ebene. Der Körper wird entlastet bzw. entgiftet durch den zellulären Reinigungsprozess (Autophagie) und trägt nicht nur zur Verjüngung der Zellen bei, sondern minimiert auch das Risiko altersbedingter Erkrankungen. Zu den körpereigenen Entgiftungsmöglichkeiten über verschiedene Organe gehört Leber und Gallenblase, Nieren, Lunge, Darm, Haut (Schwitzen), Gebärmutter (Menstruation).
„Wer stark, gesund und jung bleiben will, sei mäßig in allem,
atme reine Luft, treibe täglich Hautpflege und Körperübungen
und heile ein kleines Weh eher durch Fasten als durch Arznei."
– Hippokrates (460-370 v. Chr.)
Unsere Vorfahren mussten phasenweise fasten durch den erschwerten Zugriff an Nahrung, wodurch unfreiwillig eine Entlastung des gesamten Organismus und eine erhöhte Widerstandsfähigkeit erreicht wurde. Im Gegensatz zu früher ist unsere Wohlstandsgesellschaft mit Nahrungsmitteln überschwemmt und der Zugang weitgehend überall erleichtert. Durch die häufige Nahrungsaufnahme mit vielen Zwischenmahlzeiten wird der gesamte Körper belastet und Stoffwechsel-, Entgiftungs-und Entschlackungsprozesse werden ausgebremst.
Der dadurch gestörte Säure-Base-Haushalt zeigt sich in u.a. folgenden Symptomen:
Müdigkeit
Erschöpfung
Muskel-und Gelenkschmerzen
Erhöhte Infektanfälligkeit
Konzentrationsstörungen
Stimmungsschwankungen
Verminderte Stressresistenz
Heilfasten nach Hildegard ist nicht mit Hungern oder mit einer Diät zur Gewichtsreduktion gleichzusetzen, es handelt sich um den bewussten Verzicht auf belastende Nahrungsmittel für eine begrenzte Zeit.
„Wer nicht ganz gesund und noch nicht krank ist, dem bringt maßvolles Fasten die Gesundheit zurück. Auch die Gesunden sollten diese Kur machen, weil es ihnen die Gesundheit erhält, damit sie nicht krank werden."
– Hildegard v. Bingen
Die 3 Schwierigkeitsstufen des Fastens nach Hildegard v. Bingen
1. Leichteste Fastenform: Dinkel, Obst und Gemüse
Beim Dinkelfasten wird 3 x tgl. Dinkel in irgendeiner Form angeboten, wobei auch Gemüse, Obst und Salate variabel kombiniert wird.
morgens: Habermusvariationen: Schrotbrei, Körner, Porridge, Frühstücksbrötchen usw.
mittags: Dinkelreis, Dinkelnudeln, Dinkelspätzle, Dinkelgrieß, Dinkelknödel mit Gemüse und Edelkastanien, Dinkelkopfsalat, Obstsalat.
abends: Dinkelschrotbrei, Grießsuppe oder Dinkelbrot mit Butter bzw. Kräuterkäse.
Empfohlen wird eine Dauer von 4-6Wochen.
Edelkastanienprodukte erhältlich unter https://shop.hildegard.de/Edelkastanienprodukte
2. Das Brotfasten: Dinkelreduktionskost
Bei der Dinkelreduktionskost isst man in 2-tägigem Wechsel die normale Hildegard-Diät, an Reduktionstagen ausschließlich Dinkelbrot und Fencheltee, wobei auch Dinkelkopfsalat zum Mittagessen gereicht werden kann. Auf tierisches Eiweiß, Milcheiweiß und tierisches Fett (Butter) muss an den Reduktionstagen verzichtet werden. Von dieser Reduktionskost kann man sich lange Zeit, bis 6 Monate lang, ohne jegliches Gesundheitsrisiko ernähren.
1. Tag normale Hildegard-Küche mit Dinkel, Obst und Gemüse, also abwechslungsreiche Mischkost, wobei auch Fleisch und Milcheiweiß als Beilagen gereicht werden können.
Reduktionstag:
morgens: Habermus mit Apfelkompott, Zimt und Dinkelkaffee
mittags: Dinkelkopfsalat, Dinkelreis, Dinkelgrießsuppe, Dinkelschrotbrei, Dinkelnudeln ohne Ei
abends: Dinkelbrot und Fencheltee
3. Das Hildegard-Fasten
Das Hildegard-Fasten ist die schwierigste Fastenform. Daher sollte es am besten nicht allein, sondern – vor allem, wenn man das erste Mal fastet – unter therapeutischer Begleitung durchgeführt werden. Es besteht darin 8 bis 10 Tage nur ein Fastengetränk zu sich zu nehmen, das nach dem Subtilitätsprinzip, d. h. nach dem Heilwert der Nahrungsmittel, ausgesucht wird:
Dinkelkaffee, Fenchel- und Kräutertee
Dinkelgrieß-Gemüse-Suppe und
Obstsäfte, z. B. Apfel- oder Traubensaft, mit Fencheltee vermischt.
Fastenbeginn mit Ingwerlutschtabletten
Mit Ingwerlutschtabletten aus der bewährten Kombination von Ingwer-Zitwer-und Süßholzwurzel erreicht man zu Beginn aller Hildegard Fastenformen ein mildes Umschalten auf die körpereigene Selbstversorgung aus den Schlacken des Bindegewebes, wobei nur die schlechten Säfte den Körper verlassen und die guten erhalten bleiben.
Am ersten Fastentag lässt man 10 Tabletten morgens noch nüchtern, am besten im Bett, langsam im Munde zergehen; noch vor dem Trinken von Dinkelkaffee oder Fencheltee.
Ingwerlutschtabletten erhältlich unter https://shop.hildegard.de/Ingwer-Lutschtabletten
Der Fastenernährungsplan
morgens: Man beginnt den Tag bei dieser Fastenkur damit, dass man Dinkelkaffee oder Fencheltee trinkt, eventuell gesüßt mit 1 TL Honig.
mittags: Dinkelfastenbrühe (Dinkelgrießsuppe) mit viel Gemüse. Das folgende Rezept (s.u.) gilt für 2 Personen:
abends: Fencheltee mit Apfelsaft oder eine Dinkelkörnerbrühe.
Dinkelsuppe erhältlich unter https://shop.hildegard.de/Dinkelsuppe-mit-Gemuese
Dinkelfastenbrühe
300 g Gemüse (Fenchelknollen, grüne Bohnen, Karotten, Sellerie, Petersilienwurzel), Wasser, 2 EL Dinkelgrieß, gehackte Kräuter (Petersilie, Beifuß, Gundelrebe, Liebstöckel, Menge nach Geschmack), Gewürze (Bertram, Quendel, Galgant, Muskat, Menge nach Geschmack), 1 Prise Salz
Das Gemüse fein schneiden, bei offenem Topf in wenig Wasser dünsten und pürieren. Dinkelgrieß 5 Minuten in 1 l Wasser aufkochen. Püriertes Gemüse dazugeben, kurz aufkochen, würzen und mit Salz abschmecken.
Dinkelkörnerbrühe
300 g Gemüse (Fenchelknolle, Sellerie, Bohnen, Karotten, Rote Beete, Petersilienwurzel), 1Tasse Dinkelkörner, Kräuter und Gewürze s. o., 1 l Wasser)
Das fein geschnittene Gemüse und die übrigen Zutaten (Kräuter erst kurz vor Ende der Garzeit zugeben) werden 20 Minuten im Wasser aufgekocht. Das Ganze absieben und die Flüssigkeit warm trinken.
Nach der Fastenkur bewährte Rezepte aus der Hildegard-Küche
Selleriecremesuppe
250 g Sellerie, 1 l Gemüsebrühe, 1 l Wasser, 1 EL Butter, 40 g Dinkelmehl, 1 EL Sahne, Salz, 1 Prise Zucker, Pfeffer, Bertram, gehackte Sellerieblätter
Den geschälten Sellerie in Scheiben schneiden und gleich danach mit dem Wasser zum Kochen bringen (um das Braunwerden zu verhindern). Nach dem Aufwallen auf kleiner Stufe weiter köcheln lassen. Den weich gekochten Sellerie pürieren. Aus Butter, Dinkelmehl und etwas Selleriebrühe eine Suppenschwitze bereiten. Restliche Brühe dazugeben und nochmals aufkochen lassen. Mit Salz, Zucker, Pfeffer, Bertram abschmecken. Vor dem Servieren mit Sahne verfeinern und mit gehackten Sellerieblättern bestreuen.
Hühnerbrüste mit Weinblättern
4 Hühnerbrüste, 8 Weinblätter, 1TL Galgantwurzel geschnitten, 1/2 Fenchelknolle,
1 Zwiebel, 1 Karotte, 1 Knoblauchzehe,
1 Tasse Weißwein und 1 Tasse Hühnerbouillon oder 2 Tassen Weißwein, Salz, Pfeffer, Bertram
Für die Beize die fein geschnittene Zwiebel und Karotte andünsten und mit Wein und Hühnerbrühe ablöschen. Fein geschnittene Galgantwurzel, fein geschnittene Fenchelknolle und gepresste Knoblauchzehe dazugeben. Mit Salz, Pfeffer und Bertram abschmecken.
Die Hühnerbrüstchen enthäuten, entbeinen und halbieren. Jedes Stück mit einem Weinblatt umwickeln und für 2 bis 12 Stunden in die Beize legen. Die Brüstchen samt der Beize in einer feuerfesten Glasform bei 180 Grad ca. 45 Minuten backen. Die Hühnerbrüstchen warm stellen, die Sauce mit Dinkelmehl binden und über die Hühnerbrüste gießen. Dinkelpasta dazu servieren.
Fenchelsalat
750 g Fenchelgemüse (kleinere Knolle), 1/2 Bund Petersilie (glatte), 1/8 l trockener
Weißwein, 1/2 l Wasser, Salz, 1 TL Rohrzucker, 3 EL Weinessig, 4 EL Sonnenblumenöl, Bertram, etwas schwarzer Pfeffer.
Harte Stiele und Kraut von den Fenchelknollen entfernen, das Kraut aber aufheben. Fenchel waschen und halbieren. Wasser, Wein, Salz und Zucker aufkochen, Fenchel hineinlegen und halbweich garen lassen (ca. 15 Min.). Fenchel abtropfen und abkühlen lassen. Fenchelkraut und Petersilie klein zerhacken. Die halbierten Fenchelknollen jeweils in vier Streifen schneiden, auf eine tiefe Platte setzen und mit Essig, Öl, den zerhackten Kräutern, Pfeffer und Gewürzen anrichten.
Bratäpfel zum Fastenbrechen
4 säuerliche Äpfel, 2 EL gemahlene Mandeln, 2 EL Honig, 1 TL Zimt
Kerngehäuse ausstechen und die Öffnung mit einer Mischung aus Mandeln, Honig und Zimt füllen. Im Backofen bei 200 Grad weich backen.
TIP !
Bewährt hat sich nach aktuellen Erkenntnissen, regelmäßig Fastentage pro Monat einzuhalten, anstatt über einen längeren Zeitraum auf Nahrung zu verzichten bzw. diese zu reduzieren, z. Bsp. 5 Tage pro Monat. Neue Studien bestätigen günstige Auswirkungen auf die Gesundheit. Die oben genannte erste und zweite Form des Heilfastens nach Hildegard v. Bingen kann durchaus als Bereicherung der regulären Fastenform über wenige Tage pro Monat dienen.
Vorteile regelmäßiger Fastentage:
Vermeiden von Fastenkrisen.
Erhalten der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit.
Regelmäßiges Entgiften und damit eine stabilere Balance des Säure-Basen-Verhältnis als Voraussetzung eines gesünderen Lebens.
HP A. Gollwitzer
Literatur:
Der Heilpraktiker - Fachzeitschrift für Natur-und Erfahrungsheilkunde, Ernährung und Entgiftung 1/ 2019, Heilfasten 1/24
Die Zeitschrift für alle Hildegardfreunde
Dr. med. M. Ptok: Die Hildegard Hausapotheke für die ganze Familie, benno Verlag.
Dr. W. Strehlow: Ernährungstherapie der Hildegard von Bingen, Lüchow Verlag, Hildegard-Heilkunde von A–Z, Droemer & Knaur Verlag
Natur & Heilen 10/ 2014